Frage an Rechtsanwalt Drewelow vom 5. 9. 2012
Mein Mann und ich werden in den nächsten Tagen ein gemeinsames Testament bei einem Notar erstellen lassen.
Wir haben eine Zugewinngemeinschaft und setzen uns gegenseitig als Alleinerbe ein. Wir besitzen
gemeinsam eine Immobilie (50/50).
Der Ehemann hat einen Sohn aus erster Ehe, gemeinsam haben wir keine Kinder.
Ich weiß, der Sohn kann seinen Pflichtteil geltend machen.
Habe in 06/1999 meine gut dotierte Anstellung per Aufhebungsvertrag auf Grund der räumlichen Trennung (250 km) aufgegeben um meinen Ehemann zu pflegen. Die Pflege dauert bis heute noch an. Pflegegeld von der Pflegeversicherung wurde bis dato nicht beantragt oder in Anspruch genommen.
Die Pflegezeit beläuft sich
von 07/1999 bis 10.10.2007 (Pflegestufe I)= 100 Monate
von 11/2007 bis auf weiteres (Pflegestufe II) = 58 Monate bis dato
(Pflegestufe I und II ist unsere Einschätzung)
Meine Frage:
-Steht mir als Ehefrau Ausgleichsanspruch zu, falls ja, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang? Ist die Beantragung einer Pflegeleistung aus der Pflegekasse hierfür Voraussetzung?
-Ich habe ein Konto/Depot auf meinem Namen.
Geht dies bei der Berechnung in die Erbmasse ein, falls der Sohn seinen Pflichtteil fordert?
-Macht es Sinn, wenn „wir beide“ jeweils eine
Auflistung erstellen, wem z. B. Bilder,
Teppiche,etc. gehören, da dies keine
Haushaltsgegenstände sind? Wie kann man das
testamentarisch regeln, damit es nicht in das
zu vererbende Vermögen (Pflichtteil) eingeht?
-Der Ausgleichanspruch (Vorausvermächtnis) mindert die Höhe des Vermögens, trifft das auch bei den Notargebühren für die
Testamenterstellung zu?
Ich bitte möglichst um Angabe der jeweiligen.§§.
Antwort von Rechtsanwalt Drewelow vom 5. 9. 2012
Ihre Frage zielt sicherlich darauf hin, ob Ihnen aufgrund der besonderen Pflegeleistungen in Bezug auf ihren Mann ein gewisser Mehranteil am Erbe zusteht.
Dies ist mit der neuen Regelung durch § 2057 a BGB für Abkömmlinge des Erblassers in das Gesetz aufgenommen worden. Diese können, haben sie besondere Leistungen für den Erblasser ausgeführt, eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen.
Für Ehefrauen gilt diese Vorschrift jedoch nicht.
Für diese gibt es auch keine entsprechende eigene Regelung.
Der Gesetzgeber meinte, dass Leistungen von Ehefrauen durch die gesetzlich geregelte Erbteilserhöhung (als Form des Zugewinnausgleich bei Beendigung der Ehe durch das Ableben eines Ehegatten) gem. der §§ 1371, 1931 Abs. 3 beim gesetzlichen Güterstand durch die Gleichstellung neben einem oder zwei Abkömmlingen (§ 1931 Abs. 4) bei der Gütertrennung pauschal abgegolten sind.
Der Gesetzgeber hatte sich also für eine pauschale Regelung entschieden. Der Ehegatte, der an sich gemäß § 1931 BGB nur zu einem Viertel neben den Verwandten der ersten Ordnung (Kinder) am Erbe berechtigt ist, erhält als Äquivalent für das Leben in Zugewinngemeinschaft ein weiteres Viertel und damit die Hälfte des Erbrechtes.
Die Pflege Ihres Mannes geschah jedoch sichelich aufgrund einer Vereinbarung mit Ihrem Mann.
Eine solche Pflegevereinbarung kann einen Dienstvertrag. gem. § 612 BGB darstellen und zieht eine Vergütung nach sich, wenn dies so vereinbart wurde oder wird.
Liegt solch ein entgeltlicher Dienstvertrag zwischen Ihnen und Ihrem Mann vor, werden diese Pflegekosten vor Berechnung der Erbmasse abgezogen. Näheres zu solchen Pflegevereinbarungen ist auch in einem Urteil des Landgericht Heidelberg vom 3. Februar 2009 (Az: 1 O 148/07)zu erfahren. Hier könnte der Notar eine Regelung in das Testament mit aufnehmen.
Was das Konto bzw. Depot auf Ihren Namen angeht, so wird dies grundsätzlich bei der Berechnung des Pflichtteils nicht mit einbezogen. Lediglich denkbar ist, dass sich auf diesem Konto Vermögen befindet, dass Ihnen durch ihren Mann ohne eine äquivalente Gegenleistung zugewendet wurde. Sodann würde es sich um eine Schenkung handeln. Schenkungen des Erblassers an Dritte können unter Umständen bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs eine Rolle spielen, nämlich dann, wenn dem Pflichtteilsberechtigten wegen einer Schenkung ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Sinne des § 2325 BGB zusteht.
Dieser lautet:
§ 2325
Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen
(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
Zusammengefasst und vereinfacht ist es also so, dass eine Schenkung maximal zehn Jahre nachdem die Schenkung vollzogen wurde, zurückgefordert werden kann. Wenn die Schenkung vom Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers aus betrachtet also länger als zehn Jahre her ist, kann durch den Pflichtteilsberechtigten gar nichts zurück verlangt werden. Für den Zehnjahreszeitraum gilt das so genannte Abstufungsmodell: Ist die Schenkung erst ein Jahr her, so können 90 % dem eigentlichen Erbe hinzugerechnet werden, bevor dann davon der Pflichtteilsanspruch berechnet wird. Nach zwei Jahren sind es dann nur noch 80 % des verschenkten Wertes, die hinzugerechnet werden.
Eine Auflistung der verschiedenen Gegenstände macht Sinn, da eine Auseinandersetzung später einfacher wird. In der Praxis wird es aber so sein, dass nach dem Ableben der pflichtteilsberechtigte Sohn auf sie als Erbin zukommen wird und zunächst um Auskunft über die Höhe des Erbes durch Fertigung eines Nachlassverzeichnisses ersuchen wird.
In diesem Verzeichnis haben sie dann alle Gegenstände anzugeben. Aufgrund dieses Nachlassverzeichnisses würde dann der Pflichtteilsanspruch errechnet werden. Erst wenn der Pflichtteilsberechtigte aufgrund des Nachlassverzeichnisses hinreichende Anzeichen dafür sieht, dass es nicht vollständig ist, würde eine genauere Überprüfung geschehen.
Im Testament kann auch genau bezeichnet werden, welche Gegenstände dem Erblasser gehören.
Für Sie wichtig ist es zu wissen, dass der Pflichtteilsberechtigte lediglich Anspruch auf einen gewissen, zu errechnenden, Betrag hat. Der Pflichtteilsberechtigte hat keinen Anspruch auf bestimmte Gegenstände aus der Erbmasse. Er hat auch keinen Anspruch darauf, einen Teil des Erbes in Besitz zu nehmen oder ähnliches.
Kosten, die durch die Erstellung eines Testamentes anfallen, mindern das Vermögen des Erblassers, wenn sie aus dem Vermögen des Erblassers tatsächlich bezahlt worden sind.