Gefahr einer Sperrzeit des Arbeitslosengeldes bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Etwa 90% aller erwerbstätigen Personen in Deutschland verdienen ihren Lebensunterhalt in einem Arbeitsverhältnis. Sie arbeiten als Arbeitnehmer im Dienste eines Arbeitgebers. Das Arbeitsverhältnis beruht auf einem Arbeitsvertrag, wobei sich der Arbeitnehmer verpflichtet, gegenüber dem Arbeitgeber weisungsgebunden vertraglich vereinbarte, unselbstständige Dienste zu leisten. Der Arbeitgeber verpflichtet sich im Gegenzug, das vereinbarte Arbeitsentgelt zu zahlen.

Die Beendigung eines solchen Arbeitsverhältnisses führt in erster Linie dazu, dass der Arbeitnehmer seine Erwerbsgrundlage verliert, mithin seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Als abhängig Beschäftigter ist ein Arbeitnehmer jedoch pflichtversichert in der Arbeitslosenversicherung. Im Falle von Arbeitslosigkeit (§ 119 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – SGB III) besteht bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (u.a. die Erfüllung der Anwartschaftszeit, § 123 SGB III) ein Anspruch auf Arbeitslosengeld, der der sozialen Absicherung des Arbeitnehmers dient.

Jedoch ist Vorsicht geboten, wenn Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis selbst beenden. Hier kann eine sog. Sperrzeit eintreten (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), die dazu führt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von zwölf Wochen ruht und die Dauer des Anspruches um mindestens ein Viertel gemindert wird (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Hier ist besonders zu beachten, dass nicht nur die eigene Kündigung sondern auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich sperrzeitbedroht ist.
Warum das Arbeitsverhältnis gekündigt oder durch einen Aufhebungsvertrag beendet wird, kann für den Arbeitnehmer vielerlei Gründe haben. So kann ein Arbeitsverhältnis beendet werden, weil aus Sicht des Arbeitnehmers unzumutbare Arbeitsbedingungen vorliegen; sei es, dass Arbeitsentgelt nicht oder nicht regelmäßig gezahlt wird oder dass das Verhalten von Kollegen und/oder Vorgesetzten als Mobbing empfunden wird. Auch der Umstand, dass der Lebens- bzw. Ehepartner in einer anderen Stadt wohnt und eine gemeinsame Lebensführung angestrebt wird, kann einen Arbeitnehmer zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses veranlassen.
Das Gesetz sieht vor, dass eine Sperrzeit nicht einzutreten hat, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für sein Verhalten geltend machen kann. Dieser wichtige Grund muss jedoch objektiv vorliegen, die Ansicht des Arbeitnehmers, er habe einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, reicht nicht aus.

Wichtig sind entsprechend der Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit alle Gründe, dies es für den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Gemeinschaft der Beitragszahler unzumutbar erscheinen lassen, einen Sperrzeitsachverhalt zu vermeiden.
Diese „schwammige“ Definition (die Juristen nennen so etwas eine sog. Generalklausel) macht bereits deutlich, dass es für den Arbeitnehmer nicht immer leicht zu erkennen ist, ob ein objektiv wichtiger Grund vorliegt, der durch die Bundesagentur für Arbeit anerkannt wird. Um von vornherein Nachteile zu vermeiden, sollte vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses  eine Leistungsberatung in der zuständigen Agentur für Arbeit in Anspruch genommen werden oder ein fachlich versierter Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden.

Folgende Gründe werden durch die Bundesagentur für Arbeit beispielsweise als wichtige Gründe grundsätzlich anerkannt:

  • wenn die vom Arbeitnehmer verlangte Arbeit gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt
    (z.B. Arbeitsschutzvorschriften) oder sonstige bindende Bestimmungen über die Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden (insbes. Tarifverträge)
  • die Entlohnung der Beschäftigung sittenwidrig ist
  • die Arbeit dem Arbeitnehmer nach seinem Leistungsvermögen nicht zumutbar ist
  • Insolvenz des Arbeitgebers

Auch der bereits angesprochene Lohnverzug kann einen wichtigen Grund zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses darstellen. Jedoch muss die Verspätung der Lohnfortzahlung erheblich sein; dies bedeutet, dass eine einmalige verspätete bzw. ausgebliebene Lohnzahlung in der Regel keinen wichtigen Grund zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses darstellt. Es ist eine Frage des Einzelfalles, wann hier die Schwelle der Erheblichkeit überschritten ist. Im Falle von Mobbing ist ebenfalls genau zu differenzieren. Die Bundesagentur für Arbeit legt hier einen besonders strengen Maßstab an; der Vortrag des betroffenen Arbeitnehmers, er habe unter Mobbing am Arbeitsplatz leiden müssen, reicht regelmäßig nicht aus. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass der Begriff Mobbing heute sehr inflatorisch verwendet wird. In der Regel wird die Bundesagentur für Arbeit verlangen, dass bereits eine konkrete Beeinträch-
tigung der (psychischen) Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers eingetreten ist. Dies hat der Arbeitnehmer z.B. durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes nachzuweisen.

Auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber kann eine Sperrzeit des Arbeitslosengeldes auslösen, nämlich dann, wenn die Beendigung auf arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen ist.
Inhalt des Arbeitsvertrages sind die allgemeinen oder tariflichen Bestimmungen sowie die individuellen Vereinbarungen zur Gestaltung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses. Arbeits-vertragswidriges Verhalten ist jede schuldhafte Verletzung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenen Pflichten.

Die Kündigung des Arbeitgebers muss jedoch rechtmäßig sein. Sollte sich herausstellen, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt war zu kündigen, darf die Bundesagentur für Arbeit keine Sperrzeit aussprechen. Hier ist insbesondere zu beachten, dass der Arbeitgeber in der Regel vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung auszusprechen hat. Nur in Ausnahmefällen – insbesondere bei Verstößen im sog. Vertrauensbereich – ist eine Abmahnung entbehrlich.
Arbeitsrechtlich ist auch eine sog. Verdachtskündigung zulässig, da davon ausgegangen wird, dass bereits der Verdacht von arbeitsvertragswidrigem Verhalten (hier in der Regel strafbares Verhalten zu Lasten des Arbeitgebers) das Arbeitsverhältnis so nachhaltig erschüttert, dass die erforderliche Vertrauensbasis für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gegeben ist. Eine bloße Verdachtskündigung darf jedoch nicht zu einer Sperrzeit führen, da das besondere Vertrauen im Verhältnis zur Bundesagentur für Arbeit keine Rolle spielt. Sollte hier dennoch eine Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit verhängt werden, sollte unbedingt Widerspruch gegen diese Entscheidung eingelegt werden.

Wenn Sie beabsichtigen Ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, Sie jedoch nicht sicher sind, inwieweit eine Sperrzeit des Arbeitslosengeldes in Betracht kommt, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite. Auch wenn Ihr Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen hat, Sie jedoch der Ansicht sind, dass die Kündigung ungerechtfertigt ist, stehen wir Ihnen gerne und jederzeit zur Verfügung.
Sollte bereits durch die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit ausgesprochen worden sein, ist Eile geboten. Nach Zugang des entsprechenden Bescheides haben Sie einen Monat Zeit dagegen Widerspruch einzulegen. Bitte verschwenden Sie daher keine Zeit, sondern wenden Sie sich vertrauensvoll an die Anwälte unserer Kanzlei.