Jugendgerichtsverfassung – besondere Jugendgerichte 2/7

Ich bin Strafverteidiger aus Rostock und erläutere nachfolgend weitere Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens.

Im Jugendstrafverfahren entscheiden in erster Instanz und der Berufungsinstanz nicht die allgemeinen Strafgerichte, sondern besondere Jugendgerichte. Begründet wird dies damit, dass im Jugendstrafverfahren besondere Erfahrung im Umgang mit jungen, noch erziehungsbedürftigen Straftätern und eine jugendkriminologische Sachkenntnis erforderlich sind. Jugendgerichte sind schon dann zuständig, wenn nur ein Teil mehrerer Taten vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen wurde. Die Jugendgerichtsverfassung kennt drei Arten von Jugendgerichten:

•    den Jugendrichter als Einzelrichter beim Amtsgericht,
•    das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht und
•    die Jugendkammer beim Landgericht.

Für die Oberlandesgerichte und den BGH sind keine besonderen Jugendgerichte vorgesehen. Hier entscheidet der für die allgemeinen Strafsachen zuständige Senat, der dabei jedoch stets an die Vorschriften des Jugendstrafrechts gebunden ist.

Der Jugendrichter ist sachlich zuständig für leichtere Verfehlungen Jugendlicher und Heranwachsender, also wenn nur Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, nach dem JGG zulässige Nebenstrafen und Nebenfolgen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu erwarten sind. Trotzdem darf der Jugendrichter in der Hauptverhandlung auch auf bis zu ein Jahr Jugendstrafe erkennen, wenn dies erforderlich sein sollte. Die Einweisung in die Psychiatrie darf er jedoch nicht anordnen. Für Verfehlungen Heranwachsender ist er zudem dann zuständig, wenn die Anwendung des allgemeinen Strafrechts zu erwarten ist und nach dem GVG ein Strafrichter zu entscheiden hätte.

Das Jugendschöffengericht hingegen ist schon immer dann zuständig, wenn nicht ein anderes Jugendgericht zuständig ist. Dementsprechend kann es sämtliche Sanktionen nach dem JGG verhängen, gegen Heranwachsende unter Anwendung des allgemeinen Strafrechts auch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, jedoch keine Jugendstrafe von mehr als vier Jahren.

Die Jugendkammer befindet zunächst über schwerste Verfehlungen (wie etwa Tötungsdelikte) von Jugendlichen und Heranwachsenden, für die nach dem allgemeinen Strafprozess das Schwurgericht zuständig wäre. Zudem übernimmt sie nach Vorlage des Jugendschöffengerichts Verfahren wegen besonderen Umfangs und ist darüber hinaus zuständig bei Verbindungen von Strafsachen gegen Jugendliche und Erwachsene. Ist für einen Heranwachsenden nach dem Erwachsenenstrafrecht eine Jugendstrafe über vier Jahre zu erwarten, entscheidet ebenfalls die Jugendkammer.

Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte richtet sich auch für Jugendliche und Heranwachsende grundsätzlich nach den allgemein gültigen Vorschriften, ergänzend gelten nach dem JGG jedoch drei besondere Gerichtsstände. Danach kann sich das örtlich zuständige Gericht aus dem Tatort, Ergreifungsort, dem Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Angeklagten ergeben.

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Im nächsten Abschnitt erläutern wir, wer am Verfahren gegen Jugendlichen und Heranwachsende beteiligt werden muss. Hier gehts zu Teil 3.