Diversion im Jugendstrafrecht
Die Diversion, d.h. die „Ablenkung“ oder „Umleitung“ des formellen Strafanspruchs dient der Vermeidung eines Urteils oder sogar der Durchführung einer Hauptverhandlung und stellt die wichtigste Erledigungsmöglichkeit im Jugendstrafverfahren dar.
Sie bedeutet für den jungen Beschuldigten eine geringe Belastung, entlastet die Strafjustiz und dient der individuellen Konfliktaufarbeitung. Sie kommt auch für Mehrfachtäter und Fälle mittlerer Kriminalität in Betracht, insbesondere auch – im Gegensatz zu § 153 a StPO – für Verbrechenstatbestände.
Wenn im Einzelfall geeignet
•Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO bzw. Nichteröffnung des Hauptverfahrens gem. §§ 203, 204 StPO; diese ist der Diversion stets vorzuziehen.
•Einstellung nach § 154, 154 a StPO
•Absehen von Verfolgung gem. §§ 31 a, 37, 38 BtmG
•Absehen von Strafe gem. § 60 StGB.
§ 45 Abs. 1 JGG verweist auf § 153 StPO. Eine Einstellung ist also in diesem Fall denkbar, wenn ein Vergehen vorliegt, die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.
Fehlt dagegen bereits ein hinreichender Tatverdacht, so geht die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO vor. Auch bei wiederholter Straffälligkeit kommt § 45 Abs. 1 JGG in Betracht. Von Verfolgung kann durch den Staatsanwalt auch gem. § 45 Abs. 2 JGG abgesehen werden, wenn anderweitige erzieherische Maßnahmen bereits durchgeführt oder eingeleitet sind.
Anderweitige Sanktionen können durch Eltern oder Schule, eine gesprächsweise Auseinandersetzung mit der Tat, die Teilnahme an Gesprächskreisen, Drogenberatung, Anti-Gewalt-Seminare, Erste-Hilfe-Kurse etc. erreicht werden. Das Bemühen um einen Täter-Opfer-Ausgleich wird vom Gesetz einer entsprechenden erzieherischen Maßnahme gleichgestellt.
Voraussetzung für die Anwendung von § 45 Abs. 3 JGG ist die Ablegung eines Geständnisses. Hier wird stets abzuwägen sein, da ein möglicherweise falsches Geständnis einem klassischen Freispruch zuwider läuft.
Gem. § 47 JGG besteht eine Einstellungsmöglichkeit des Verfahrens durch den Richter auch noch in der Hauptverhandlung und im Berufungs- oder in Revisionsverfahren. Dies eröffnet eine interessengerechte Verteidigung auch noch im Falle einer ansonsten nicht wünschenswerten, späten Beauftragung des Verteidigers.
Die oben genannten Diversionsvorschriften können auch auf Heranwachsende (diejenigen, die das 18. aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben) Anwendung finden, wenn diese in ihrer Reife noch einem Jugendlichen gleich stehen.