Streit ums Sorgerecht nach der Trennung – Aufenthaltsbestimmungsrecht bei geplanter Auswanderung eines Elternteils

Hat bei Streit ums Sorgerecht der Auswanderungswunsch eines Elternteils eine ungesicherte Schulsituation der Kinder im Ausland zur Folge, kann der ebenfalls sorgeberechtigte weiter im Inland lebende andere Elternteil im Wege der einstweiligen Anordnung die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragen. Dies entschied kürzlich das Oberlandesgericht Hamm in seinem Beschluss vom 15.11.2010 (Az.: 8 WF 240/10).

Zur Entscheidung stand folgender Fall: Aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft waren zwei nunmehr  9 und 11 Jahre alte Kinder hervorgegangen. Beide Elternteile übten das Sorge-recht gemeinsam aus. Nach der Trennung der Eltern blieben die Kinder zunächst in der Woche bei der Mutter und verbrachten die Wochenenden bei ihrem Vater. Ab Januar 2010 meldeten die Eltern die Kinder aus der Schule ab und gaben zur Begründung an, die Mutter wolle ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegen. Die Mutter unternahm sodann mit den Kindern und ihrem neuen Lebensgefährten eine mehrmonatige Segelreise. Als die Kinder im Sommer 2010 ihren Vater besuchten, meldete dieser sie auf deutschen Schulen an. Die Mutter hingegen beabsichtigte, sich auf einer griechischen Insel niederzulassen und die Kinder dort in eine griechisch-englischsprachige Schule zu schicken. Hierzu legte sie zunächst einen Bildungsentwurf vor, nach dem der Unterricht der Kinder durch Privatlehrer, Internetschulen und eigens angeschaffte Lehrmaterialien vorgesehen war. Diesem Bildungskonzept widersprach der Vater jedoch und beantragte vor Gericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu erhalten.
Diesem Antrag folgte das Oberlandesgericht, indem es dem Kindesvater im Wege des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder übertrug. Zur Begründung führte der Senat aus: Eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater sei aufgrund der im Einzelfall vorgenommen umfassenden Abwägung der Kindeswohlgesichtspunkte geboten, bevor durch die beabsichtigte Auswanderung  Tatsachen festgeschrieben würden, die im Hauptsacheverfahren nicht oder nur schwerlich umkehrbar seien. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, an welchem Ort die gefestigte Lebenssituation des Kindes besteht. Eine solche gefestigte Lebenssituation der Kinder sei bei der Mutter auf der griechischen Insel nicht anzunehmen. Mit dem Wechsel des Lebensmittelpunkts an den Wohnsitz des Vaters seien weniger Veränderungen für die Kinder verbunden, weil ihnen das deutsche Schulsystem bekannt sei und sie Deutsch als Muttersprache beherrschen. Zudem sei vor dem Hintergrund bereits bestehender Schulprobleme der Kinder eine Wiedereingliederung in das deutsche Schulsystem eher möglich, als die mit Sprach- und Schriftproblemen verbundene Beschulung in fremder kultureller Umgebung.

Diese Entscheidung des Familiengerichts zeigt, dass bei Streitigkeiten über das Sorgerecht oder über das Aufenthaltsrecht der Kinder allein das Kindeswohl maßgebend ist.
Ob eine bestimmte Tatsache für das Kindeswohl förderlich ist, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine individuelle Beratung ist in diesen Fällen daher unerlässlich. Falls sie nähere Informationen oder eine Beratung durch unsere fachkundigen Anwälte wünschen, nehmen sie bitte mittels unseres Formulars Kontakt mit uns auf. Wir melden uns dann zeitnah und unverbindlich bei Ihnen zurück.